GIG REPORT

22/12/1990 -  Pavillion - Sindelfingen (Germany): Ton Schweine Sterben (DEU) - Rags (DEU) - The Dirty Scums - Rubbermaids (DEU)

PINHEAD #5 (DEU) - early 1991

Kurz vor Weihnachten wars, als ich die Dirty Scums aus Belgien zum ersten Mal sah. Und zwar im Zige der GroBen Weihnachts-Punk'n'Roll-Fete im Pavillion. Und die geballte Ladung Musik die einem da geboten wurde, konnte einen wirklich den hochheiligen Einkaufstrubel mühelos vergessen lassen. Vier bands und keine Ausfälle dabei. Den Anfang machte diet "Ton Schweine Sterbel Revival"-Band. TSS waren ja die Vorläufer der nun ja auch schon seit bald einem Jahr verstorbenen Heavy Mädels gewesen. So hatte man also noch ein letztes Mal die Jungs und das Mädel in der Ursprungsformation zu erleben. Luschtig wars und ich hatte sogar bei ihrer Quizfrage gewonnen. Ich war dann aber doch einttäuscht, daB der Weinbrandkarton dann keien selbigen, sondern eine Dose Light Bier (ich offe nur das ganze war keine abgekartete Sache, um mir so "durch die Blume" etwas mitzuteilen !) enthielt. Trotzdem: schön wars, und was soll ich sonst noch zu sagen. Die Leute aus dem Umland kannten sie eh, und die anderen werden sie sowieso nicht mehr erleben können. Im nachhinein fällt nur auf, daB sie die einzige Band an dem abend waren, bei denen ein Mädel mit auf der Bühne rumsprang.

Und anschlieBend kam dann die Gruppe um die es hier eigentlich geht. Ich war ehrlich gespannt auf die DIRTY SCUMS. Hatte bis dahin nämlich gerade einmal einen enthusiastischen Artikel über sie gelesen, aber sonst nie etwas über, geschweige denn von ihnen gehört. Ramones-Pogo at its best wars dann was da geboten wurde. Aber nicht irgend eine platte Kopie, sondern man hätte meinen können die drei Jungs hätten den Sound erfunden. Sie lockten sogar den stadtbekannten Altpunk zum leichten Rumhüpfen vor die Bühne, und das wo er sich ansonsten den bend mehr im Hintergrund hielt. Super Pogo Punk. Mir hätte es nichts ausgemacht, wenn die Drei die ganze Nacht weitergespielt hätten. Klar, war natürlich nicht. AnschlieBend hatte ich endlich einmal die Möglichkeit mich zu überzeugen das die RAGS, über die ich ja im letzten Zine was geschrieben hatte, auch live überzeugen können. Und wieder gabs Punk-Rock pur ! Nur einmal wurde der Sänger etwas nervös, als die hier im Umland ja recht beliebten "Ausziehen" Rufe erschollen. Aber er konntte sich ja dann nochmal mit dem Hinweis, daB er Pickel auf der Brust hätte, aus der Affäre ziehen. Zu guter letzt spielten dann RUBBERMAIDS zum fröhlichen rumhüpfen auf. Näher auf sie eingehen will ich hier nun grad aber nicht. Kauft euch ein Zine in dem eine gute Konzertkritik über sie drinsteht, macht die Augen zu (natürlich erst, nachdem ihr die Review gelesen habt), und schon habt ihr eine ungefähre Ahnung, wie sie auch an dem abend waren.

Nun aber zurück zum Thema, zu den Dirty Scums. Ich hatte mich kurz mit Jenz, dem Gitarristen unterhalten. Er ist seit der letzten Umbesetzung (1983) dabei, die Band selbst gibt es bereits seit 1981 und ist damit auf jeden Fall Belgiens dienstölteste PunkrockBand. Umso erstaunlicher, daB die Tour sie anscheinend die erste war, die sie nach Deutschland führte. Leider waren die ersten Eindrücke zusammen mit den Rags aufgetreten waren, hatte der Veranstalter anscheinend erst nach langem Hin-und Her endlich das ihnen zustehende Geld rausgerückt. Aber die Probleme hatte man dann ja den abend wohl nicht. In der Zusammensetzung des Publikums gibt es zwischen D. und Belgien wohl Unterschiede. "In Belgien besteht das Publikum gröBenteils aus Heavy Metal Fans ..." Darauf angesprochen, daB er ob der langen Haare ja auch recht HMmäBig aussähe, meinte er: "Ich weiB, aber ich mag HM nicht besonders ... We like some bands that are metalized. A kind of HiFi-Metal ... but I don't like them integrated in the Punkscene." Überhaupt hat er einen recht breitgefächerten Musikgeschmack. "Ich mag Punk Rock. Ich mag Sachen aus den Sechzigen, aus den Fünfzigern, aus den Siebzigern, aber HC mag ich nicht besonders." Die Lieblingsgruppe der Dirty Scums wären aber auf jeden Fall die Ramones. "Sie spielten Punk Rock (und mit einem schmunzelnden Blick aug seine Haare) ... They had long hair, you know ...". Die einzigen Coverversionen die sie den abend spielten waren dann auch dementsprechend, abgesehen von "Oh Boy" (Buddy Holly) von selbigen. Ich wolte dann einmal wissen, wovon die Texte der Dirty Scums handeln würden. "Wir hatte verschiedene Perioden. Also, dann aber schon recht zwiespältig. Das Bier mochte er, und sonst ? "Heute mag ich es (Deutschl.), aber gestern mochte ich es nicht besonders. Wir hätten beinahe nicht das Geld für unseren Auftritt bekommen ..." In Wiesloch, wo sie erstes Album, zweites ... Die Texte auf der ersten Platte waren mehr politisch. Gegen die Army, Faschismus, Rassismus. Die Zweite war genauso. Auf der dritten Platte handeln die Texte mehr von "beer and girls". Als ich mir jetzt vor einigen Wochen ihre 2. LP "Full Speed Ahead !" zulegte stellte ich erstaunt fest, daB sich nicht nur die Texte, sondern auch der Sound der Band mit den Jahren verändert. Auf der Platte klingen sie doch recht ungehobelt. Klar, sicher läBt sich auch diese Platte leicht in der groBen 77er Schublade unterbringen, klingt aber trotzdem öfters eher chaotischer + Anklänge vom alten "Knüppelpunk". Ansonsten muB ich beim anhören, vor allem bei "She lived right" auch an Thrilled Skinny denken, klingt als hätte man nur noch die Orgel vergessen.

Zurück zum Thema. Da ich mich daran erinnerte, daB sie beim Gig (mindestens) ein Stück über/gegen Nazis brachten, wollte ich wissen, wie es in dieser Hinsicht in Belgien aussähe. "Es gab einmal recht viele Nazi Skinheads. Wir hatten eine menge ärger - vor Jahren. Aber jetzt sieht man sie nirgens mehr ... Es gibt eine Menge faschistischer Bewegungen in Belgien, aber wir haben keinen Ärger bei Konzerten. Aber wir mögen sie nicht. Zu Beginn der 80ziger gab es einigen ärger bei Konzerten. Aber die Fascists verschwanden. Ich hab keine Ahnung wo sie jetzt stecken. I hope they're gone."

Zum AbschluB wollte ich dann noch wissen, was für empfehlenswerte Bands es sonst noch in Belgien gäbe. "Eardamage, aber die gibt es inzwischen nicht mehr". Gibt es viele Punkrock Bands dort ? "Ich glaube wir sind die Einzige."